Digital Innovation Unit und Konzern – Ein Interview über die Hintergründe des “Digital Lab Award” und den Innovationsgedanken mit Dr. Kerim Galal (CEO DEKRA DIGITAL)
Unter dem Motto „Konzerne auf den Spuren von Start-ups“, zeichnete das Wirtschaftsmagazin Capital – gemeinsam mit der Infront Consulting GmbH – dieses Jahr wiederholt die besten Innovationseinheiten der deutschen Konzerne aus. Dabei wurden etwa 300 Labs deutschlandweit in die Studie einbezogen. Wir sind stolz uns über eine Platzierung als eines der besten Digital Innovation Units im Bereich Industrie! Mit unserer Vision „Innovating Safety and Security“ entwickeln wir neue, innovative Lösungen im Bereich der digitalen Sicherheit – für internationale Kunden und gemeinsam mit Partnern und Start-ups. Im Interview mit unserem CEO Kerim sprechen wir über seine Vision von Innovation, Transformation von etablierten Konzernen und ein wenig von grünen Wiesen.

Dr. Kerim Galal (CEO DEKRA DIGITAL)
Lass uns zunächst die Symbiose aus moderner Digital Innovation Unit und Konzern betrachten. Wie gelingt der Spagat zwischen Konzern und Innovationseinheit und welche Rolle nimmt Innovation für dich dabei ein?
Innovation ist Teil der DNA einer jeden Digital Innovation Unit. Dabei ist Innovation für mich kein eindimensionaler Zustand, sondern eine Verhaltensweise, die sich durch proaktives Handeln, “out-of-the-box“ Denken und Veränderungsbereitschaft auszeichnet. Das geschaffene Umfeld nimmt hierbei die wichtigste Rolle ein.
Darin liegt womöglich das Erfolgsgeheimnis von DEKRA DIGITAL. In meiner Doppelrolle als CEO DEKRA DIGITAL und Executive Vice President Corporate Strategy & Innovation von DEKRA war es mir wichtig, eine Innovationseinheit zu schaffen, die eine Start-Up-Mentalität fördert, aber dennoch die Verbindung zum Corporate nicht verliert. Es geht darum, mit innovativen Ansätzen einen Mehrwert zu schaffen in Symbiose mit dem Kerngeschäft des Konzerns und für Kunden, die bereits auf unsere etablierten Services setzen. Diesen hat DEKRA DIGITAL in der Vergangenheit durch die Entwicklung verschiedener Produkte im Bereich Cyber Security, Artificial Intelligence, Internet of Things. Functional Safety sowie Future Mobility und Big Data bereits mehrfach bewiesen. Bestätigt wurde dies für uns durch die Verleihung des Awards als “Best Innovation Lab”.
Fast jeder große Konzern hat eine Innovationseinheit. Wieso kann Innovation in den Labs leichter vorangetrieben werden als im Konzern selbst?
Ich vergleiche den Aufbau einer Innovationseinheit gerne mit einer grünen Wiese, die abgesteckt worden ist. Man bewegt sich thematisch in einem gewissen Feld, dennoch bleiben einem jegliche Möglichkeiten, diese Wiese so zu bepflanzen, wie man es sich vorstellt. Somit können Unternehmenskultur, Strukturen und Prozesse agil und flexibel etabliert werden, was ein innovatives Denken ungemein fördert. Dennoch haben wir stets die Möglichkeit, auf die bestehenden Prozesse von DEKRA zurückzugreifen, welche enorm wichtig sind, gerade zu Beginn des Aufbaus eines Innovationsbereiches.
Um noch einmal darauf zurückzukommen, wieso Innovation in eigens dafür bestimmten Bereichen leichter vorangetrieben werden kann, die Geschwindigkeit spielt eine große Rolle. Labs und Konzerne bewegen sich in zwei Geschwindigkeiten. Konzerne bewegen sich konstanter, aber stabil, wohingegen Innovationseinheiten sich schneller bewegen, aber eine höhere Fehlerquote haben. Daher kann es für Konzerne schwerer sein, innovative Ansätze für altbewährte Probleme zu finden. Mit den Units trennt man sich bewusst von diesen Strukturen, um ein agileres Arbeiten zu ermöglichen. Man schafft einen Platz für Talente, für die New Work und moderne Arbeitsbedingungen unabdingbare Elemente der Unternehmenskultur sind. Eine diverse, inklusive und nachhaltige Arbeitsumgebung sind für viele Beschäftigte nicht mehr nur nice-to-have, sondern werden zur Voraussetzung. Gleichzeitig sind Digitaleinheiten darauf ausgerichtet, mit ihren begrenzten Ressourcen so effizient wie möglich zu arbeiten, was bei der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung ein absoluter Vorteil ist.
Digital Innovation Units wie DEKRA DIGITAL befinden sich in einem schnelllebigen Umfeld, in dem ein “Trial-and-Error – Ansatz” völlig normal ist und Fehlschläge dazugehören. Wie geht ihr damit um?
Der Schlüssel hierzu ist die Unternehmenskultur. Die Frage, die man sich hier stellen muss, lautet: Wie handeln wir, wenn jemandem ein Fehler unterläuft? Lassen wir die „Angst einen Fehler zu machen“, über uns schweben oder schaffen wir eine Unternehmenskultur, in der Fehler zum Findungsprozess dazu gehören. Das Geheimrezept liegt darin, eine Kultur zu schaffen, in der sich das Team befähigt und sicher fühlt, auch neue Ansätze auszuprobieren. Die Geschichte hat gezeigt, dass aus Fehlern Großes entstehen kann, ob das Post-It oder die Mikrowelle, ja selbst die Impfung basiert auf einem Fehler. Ohne ein solches Mindset kann Innovation nicht funktionieren.
Was passiert, wenn Innovationseinheiten erwachsen werden? Wo treffen sich Corporate und Innovationseinheit wieder?
Natürlich entwickeln sich Innovationseinheiten auch weiter. Auch bei uns sind wesentliche Unterschiede zu festzustelle, wenn man den heutigen Zustand mit jenem von vor vier Jahren vergleicht. Wir sind vom Baby zum Kleinkind geworden, das mittlerweile schon sprechen und laufen kann. Wichtig ist, dass die Digital Innovation Units während der Entwicklung stets am Innovationsgedanken festhalten und diesen vorantreiben. Zudem sollten sich Corporate und Innovationseinheit nicht erst an einem fest definierten Zeitpunkt wieder treffen. Mir liegt daher besonders die Kollaboration und Kooperation zwischen Unit und Konzern am Herzen. Hieraus ergeben sich eine Vielzahl an Vorteilen für beide Parteien. Ein Beispiel wären junge Talente, die von der Innovationseinheit angezogen werden, entwickeln gemeinsam mit der tiefgreifenden Expertise von Branchenexperten neue Lösungsansätze. Die Berührungspunkte und Möglichkeiten sind endlos.
Zum Schluss werfen wir einen Blick in die Zukunft: Status quo der Digitalisierung in 2023 – wo stehen wir?
Betrachtet man die Welt von vor 10 Jahren, zeigt sich, wie viel sich bereits im Bereich Digitalisierung getan hat. Noch mehr davon ist für die nächsten 10 Jahre zu erwarten. Ich sehe die Herausforderung vielmehr im Bereich Sicherheit. In einer zunehmend digitalen Welt spielt sich das Leben der Menschen verstärkt in der virtuellen Welt ab bzw. wird von digitalen Technologien stark beeinflusst. Denn letzten Endes, hat alles Digitale einen unmittelbaren Einfluss auf das physische Wohlbefinden des Menschen. Wenn ich an eine Welt in 15 Jahren denke, in der meine Töchter das Autofahren lernen, dann möchte ich sicher sein, dass die künstliche Intelligenz im Auto sicherstellt, dass meinen Mädels nichts passiert. Es entstehen somit völlig neue Anforderungen an Sicherheit und dementsprechend ein Bedarf nach neuen Lösungsansätzen. Uns zeichnet dabei besonders aus, dass wir in der Lage sind, Bereiche wie AI, Internet of Things, Big Data, Cyber Security, Functional Safety und Future Mobility zu verbinden und damit innovative Sicherheitslösungen zu entwickeln. Wir sind daher gut gewappnet für die kommenden Jahre.
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